Der göttliche Kompass

     


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Meine Welt steht Kopf? Und Ihre? Erleben Sie auch gerade, wie sich unsere Welt und mit ihr unsere Werte auf einer holprigen Berg- und Talfahrt befindet? Mir geht es jedenfalls so. Ich fühle mich immer mehr auf einem nebeligen Eisfeld. Denn derzeit fühlt sich vieles unsicher an. Die Zukunft scheint vor allem Verluste zu bringen, wirtschaftliche Instabilität und Sorgen um demokratische Errungenschaften. Verlässliche Regeln, Werte und Massstäbe ändern sich ständig oder fallen plötzlich weg. Unserer Gesellschaft fehlt ein ethischer, verlässlicher Kompass. Viele Menschen fühlen sich mit ihren Lebensfragen allein gelassen und nicht getragen. Sie verlieren den Halt und ihr zuverlässiges Fundament ist am Wegbrechen. Dazu kommen Angst und Ohnmacht, die lähmend wirken und negative Gedanken verstärken und fördern. Die zunehmende Rücksichtslosigkeit einer Ellenbogengesellschaft etabliert sich schleichend. Werte der Nächstenliebe, der Solidarität und der Gerechtigkeit scheinen degradiert zu werden, obwohl sie das grundlegende Bedürfnis eines jeden Menschen wären. Anstand und Moral bleiben auf der Strecke. Zugleich erleben wir in öffentlichen Diskussionen – sei es auf den sozialen Plattformen, in den Medien oder bei persönlichen Diskussionen – eine Intoleranz neuen Ausmasses. Andersdenkende werden nicht nur nicht gehört, sondern mit viel destruktiver Energie geschmäht, gebannt und bekämpft. Der Zerfall dieser Werte gefährdet meiner Meinung nach letztendlich die Demokratie und unsere Freiheit. So jedenfalls erlebe ich den Wandel unserer Gesellschaft, unserer Welt und unserer Werte. Und immer öfters denke ich, es wäre wohl besser, zuhause zu bleiben in meiner heilen und zauberhaften Welt. Es braucht manchmal Mut und viel Energie, das geborgene Nest zu verlassen, und auf diese ruppige Grossbaustelle mit unendlich vielen (versteckten) Schlaglöcher zu treten.

    Doch den Kopf in den Sand stecken, liegt mir nicht und bringt auch nichts. Ich wähle für mich den Weg des Widerstandes, der meines Erachtens eine spirituelle Aufgabe ist. Dabei geht es mir darum, wach zu bleiben, nicht zu verbittern und das Herz durchlässig zu halten für die Bedürfnisse des Nächsten. Meine Stärke und Kraft für diesen spirituellen Widerstand finde ich in der Kirche, respektive bei den göttlichen Mächten – bei der Dreifaltigkeit. Denn nur der Glaube kann in dieser Negativspirale, in welcher viele zurzeit stecken, helfen. Es war kürzlich Ostern und die Passionsgesichte hat es uns vorgelebt: Auch Jesus erlebte im Moment vor seinem Tod absolute Ohnmacht. Er fürchtete sich und war schwach wie jeder andere. Genau das bringt uns näher an den Glauben und das Vertrauen in eine höhere Macht. Blicken wir auf den Kern der christlichen Botschaft, kommen sich das Menschliche und das Göttliche auf einzigartige Weise nahe. Es ist normal, sich ohnmächtig zu fühlen. Wir sind alle nicht perfekt – und müssen es auch nicht sein. Dies erkennt Gott. Trotzdem sind wir angenommen und geliebt. Denn jeder Mensch ist einzigartig und gleich an Würde. Deshalb: Brücken bauen – nicht mauern. Und dies bedeutet, vertrauen in sich selbst und in eine höhere Macht, in das Universum und in das Transzendente. Vertrauen beinhaltet aber auch Ungewissheit und Krisen – denn meistens sehen wir ja nicht, wohin uns der Weg in die Zukunft führt. Das erfahren wir erst, wenn wir den Mut haben, den göttlichen Kompass anzunehmen und anzuwenden. Glauben heisst für mich auch, mich im äussersten Verlassenseins auf die göttlichen Mächte zu verlassen und einer wunderbaren und zauberhaften Energie zu folgen, die ich zwar fühle und erlebe, aber nicht (immer) sehen kann.

    Ich setze bewusst und mit viel Achtsamkeit den Gegenpunkt zu Egoismus, Konkurrenz, Eigennutz und Rücksichtlosigkeit und gebe so auf meine tolerante Art und Weise Gegensteuer zu diesem gefährlichen Kurs. Dies im Wissen und Vertrauen, die göttlichen Mächte stehen mir bei – und es gibt noch andere gleichdenkende Menschen mit einem goldenen Herz. Sie sind der Kitt, der unsere Gesellschaft, unsere Demokratie zusammenhält und unsere Freiheit gewährleistet. Sie sind auch der Grund, nie aufzugeben und für eine bessere Welt zu kämpfen. Mit dem göttlichen Kompass im Sack, reüssiert dieses Abenteuer bestimmt!

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

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