Trotz leeren Kassen will die Stadt Bern für rund 2,5 Million Franken Veloparkplätze in der Welle 7 erstellen. Der Bund der Steuerzahler und die SVP Bern haben gegen dieses verantwortungslose Projekt, das der Berner Stadtrat am 27. Januar 2022 beschlossen hat, das Referendum ergriffen – mit Erfolg. Am 27. November 2022 kommt die Vorlage zur Abstimmung. Janosch Weyermann, Geschäftsführer vom Bund der Steuerzahler Kanton Bern und SVP-Stadtrat, erklärt, wieso es dieses unnötige Prestigeobjekt nicht braucht und hofft, dass die Stadtbernerinnen und -berner dies auch so sehen.
Der Bund der Steuerzahler, die SVP Stadt Bern sowie die Vereinigung BernAktiv haben das Städtische Referendum gegen den 2,5 Millionen Franken teuren Kredit für Luxus-Veloparkplätze ergriffen. Wie lange brauchten Sie, um die 1500 Unterschriften zusammenzubekommen?
Janosch Weyermann: Die Sammelfrist für ein Referendum in der Stadt Bern ist mit 60 Tagen sehr knapp bemessen. Auf Kantons- und Bundesebene hat man hingegen jeweils 3 Monate Zeit, um die nötige Anzahl Unterschriften zu sammeln. Am Ende haben wir die 60 Tage vollständig genutzt und rund 1’700 Unterschriften der Stadtkanzlei übergeben.
Am 27. November wird der Souverän der Stadt Bern über die Luxus-Veloparkierung am Bahnhof Bern abstimmen. Was ist für Sie als Geschäftsführer vom Bund der Steuerzahler Kanton Bern der Hauptgrund hier die Notbremse zu ziehen?
Die Stadt kann sich ein derart überteuertes Projekt zum aktuellen Zeitpunkt einfach nicht leisten. Die Stadt Bern schiebt seit Jahren ein Millionendefizit vor sich her und die rot-grüne Stadtregierung ist nicht gewillt die Ausgaben zu bremsen. Im Gegenteil, sie gibt immer wie mehr aus, ohne sich Gedanken zu machen, wer das alles überhaupt bezahlen soll. Um die entstandenen Finanzlöcher zu stopfen, werden nun kurzerhand die Parkiergebühren, die Anwohnerparkkarten oder die Hundetaxe erhöht. Zudem steht mit der Einführung einer Feuerwehrersatzabgabe eine verkappte Steuererhöhung im Raum.
Die Stadt Bern will 2,5 Millionen Franken für Veloparkplätze in der Welle 7 erstellen, die Parkplätze für die Nutzer sind aber gratis. Geht diese Rechnung der Stadt Bern auf?
Nein, diese Rechnung kann gar nie aufgehen. Man muss es sich vorstellen wie bei einem Unternehmen, welches Waren einkauft, diese dann aber anstatt zu verkaufen einfach verschenkt. Irgendwann ist es pleite, weil durch das Verschenken ja keine Einnahmen entstehen und die Kosten für den Einkauf somit gar nicht gedeckt werden können. Es kann zudem nicht sein, dass man wie bereits erwähnt beispielsweise die Gebühren für Anwohnerparkkarten mit Hinweis auf das Verursacherprinzip erhöht, den Velofahrerinnen und Velofahrern jedoch einen Freipass erteilt und sie neu sogar gratis parkieren lassen möchte. Diese Ungleichbehandlung ist schlicht inakzeptabel.
Reichen die bestehenden Veloparkplätze beim Postparc nicht aus und warum solch ein teures Projekt für die links-grünen Velofahrerinnen und Velofahrer?
Gemäss Aussage der Stadt Bern ist die bestehende Velostation im Postparc bei weitem nicht ausgelastet. Dass man nun trotzdem eine weitere Velostation realisieren möchte ist mir schleierhaft.
Sie argumentieren dieses Projekt sei eine versteckte Rendite-Garantie für Grosskonzerne. Erklären Sie das konkret!
Die Besitzerin der Räumlichkeiten in denen die Velostation einst entstehen soll, ist die PostFinance, Mieterin hingegen ist bis Mitte 2025 noch die Migros Aare. Somit wäre die Stadt Bern am Ende lediglich Untermieterin auf Zeit und müsste so beiden Konzernen hohe Mieten mit entsprechender Rendite bezahlen. Ich frage mich warum man nicht bis Mitte 2025 abwartet, um sich anschliessend direkt bei der PostFinance einzumieten. So müsste die Stadt nämlich keine Zwischenrendite an die Migros Aare bezahlen und könnte so vermutlich massiv Geld sparen.
Sie haben Einblick wie es um das Budget der Stadt Bern steht. Wo wird gespart und wo Geld investiert? Können Sie uns einen kleinen Überblick geben und uns aufzeigen, ob sich die Stadt diese hohen Ausgaben leisten kann!
Die Stadt lebt seit Jahren über ihre Verhältnisse und leistet sich viele unnötige Prestigeprojekte. Zudem vergoldet sie das städtische Personal beispielsweise mit einem Teuerungsausgleich und zusätzlichem Vaterschaftsurlaub. Solche Geschenke sind zwar schön und nett, liegen bei der aktuellen Finanzlage aber einfach nicht drin. Kurz gesagt: Sparen ist für die rot-grüne Stadtregierung sowie das ebenfalls rot-grüne Stadtparlament ein Fremdwort.
Was wäre Ihre Lösung betreffend neue Veloabstellplätze, respektive gibt es da eine preiswertere Variante als diese millionenschwere Luxuslösung?
Zuerst einmal müssten all die Fahrradleichen (defekte Velos die seit Monaten rumstehen) rund um den Bahnhof entfernt werden. Anschliessend müssten über einen bestimmten Zeitraum alle Velofahrerinnen und Velofahrer, welche das Velo wild parkieren wollen, durch die Polizei oder einen Sicherheitsdienst weggewiesen werden. Dabei können den Velofahrerinnen und Velofahrern die Vorteile der bestehenden Parkmöglichkeiten (Postparc) aufgezeigt werden. Sollten anschliessend immer noch zu wenig Parkplätze bestehen, können weitere Parkiermöglichkeiten geprüft werden. Um Kosten zu sparen sollte dabei vor allem darauf geachtet werden, möglichst viele Fahrräder auf kleinem Raum unterzubringen, wie dies beispielsweise in den Niederlanden mit mehrstöckigen Veloständersystemen gemacht wird.
Wenn man im Bahnhof Bern bei den Veloparkplätzen herumschaut, fallen einem zahlreiche «Fahrrad-Leichen» auf. Die nehmen wertvollen Platz weg, oder wie sehen Sie dies?
Ja genau, die sind eben das eigentliche Problem und gehören längst weggeschafft. Die Stadt Bern nimmt diese nun aber als Hauptargument für eine neue Velostation, was ja überhaupt keinen Sinn macht. Denn die Fahrradleichen werden sich nicht von alleine in Luft auflösen.
Soeben wurden in der Stadt Bern die Gebühren für die Autoparkplätze massiv erhöht – notabene mit dem Hinweis auf das Verursacherprinzip. Bei der Velostation soll das nicht gelten?
Die Stadt Bern war schon immer gut darin sich auf Gruppierungen zu stürzen, die über keine grosse Lobby verfügen. Es ist also nicht weiter verwunderlich, dass hier einmal mehr mit ungleichen Ellen gemessen wird und nicht für alle das Gleiche gilt. Es wird sich aber zeigen, ob die Gebührenerhöhung auch tatsächlich von der Stimmbevölkerung getragen wird, denn ein Komitee bestehend aus SVP, FDP, JF und Mitte hat vor einigen Tagen ein Doppel-Referendum dagegen ergriffen. Die Sammelfrist läuft bis am 27. Dezember 2022.
Wir stecken in einer Energiekrise und nachhaltige Mobilität wird momentan stark gepusht. Hat das einen Einfluss auf die Abstimmung am 27. November?
Da die Stadtberner Bevölkerung ohnehin rot-grün wählt, gehe ich nicht davon aus, dass dies einen zusätzlichen Einfluss auf die Abstimmung haben wird.
Sind die Berner Stimmbürgerinnen und -bürger genug sensibilisiert bezüglich der leeren Kassen der Stadt Bern respektive den Millionen für die Veloparkplätze? Oder anders gefragt: geben Sie der Vorlage eine gute Chance, am 27. November versenkt zu werden?
Natürlich würde mich ein Nein an der Urne extrem freuen, da ich jedoch realistisch bin und davon ausgehe, dass der Grossteil der Stadtberner Stimmberechtigten den Ernst der Lage noch nicht erkannt hat, rechne ich mit einem Ja. Ein Nein-Anteil der über den Wähleranteil der SVP und der Mitte hinausgeht, würde ich jedoch bereits als Achtungserfolg werten, da im Stadtrat einzig diese beiden Parteien den Kredit abgelehnt haben.
Interview Corinne Remund