Made in Switzerland bedeutet Einsatz für die Schweiz


    Kolumne


    Was für ein Wandel: Bei der Weltausstellung in Sevilla trat die Schweiz mit dem Motto auf, die Schweiz existiert nicht. Beim Eurovision in Basel feierte SRF unser Land unter dem Titel Made in Switzerland als Erfinderin der modernen Demokratie, des Kartoffelschälers bis zum Internet.

    Bild: zVg

    Dieses neue Selbstbild freut mich als Direktor von Swissmem, dem Verband der Tech-Industrie. Made in Switzerland war eine Ode an Innovationen unserer Firmen. Auch heute funktioniert unser Leben dank unserer Industrie – von Brot-, Pasta- und Schokolademalwerken über Zahnpastatuben, Teile für Natels, Halbleiter, Autos, Flugzeuge, Schiffe und Satelliten bis hin zu Abfüllanlagen für Medikamente – alles wird von Swissmem-Firmen und ihren Mitarbeitenden produziert. Wer Beispiele sehen will, der verlinke sich mit mir auf Linkedin.

    Dank dieser Firmen haben wir seit dem Jahr 2000 keine Industriearbeitsplätze verloren. Dank Berufsschule, Weiterbildung,flexiblem Arbeitsmarkt und Marktzugang sind wir Exportweltmeister – was Präsident Trump missfällt. Jeden zweiten Franken verdienen wir im Export.

    Made in Switzerland verkörpert ein neues Selbstverständnis und Stolz für die Schweiz: Unser Land ist hip bei Touristen und Zuwanderern. Gemäss Statistiken leben hier die glücklichsten, gesündesten, freiesten und wohlhabendsten Menschen.

    Wer kennt nicht Zugezogene, die dank eines guten Jobs in der Schweiz einen Platz an der Sonne erwischt haben? Dass Zuwanderung überfüllte Züge und Wohnungsknappheit in Zentren bringt, wissen wir. Hier braucht es mehr Infrastruktur und weniger Bürokratie beim Bauen.

    Dass wir heute und auch in den nächsten Jahren qualifizierte Arbeitskräfte vor allem aus der EU brauchen, hat auch damit zu tun, dass wir zu wenig einheimische Fachkräfte haben. Wollen wir den Lebensstandard halten, müssen wir:

    • Schweizerinnen und Schweizer wieder mehr und länger arbeiten auch vor diesem Hintergrund sind Menstruations-Freitage und Viertagewoche für Stadtzürcher Beamte ein Hohn für jedes KMU und seine Mitarbeitenden;
    • mehr Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Robotik einsetzen, gerade im stark wachsenden und teuren Gesundheitswesen, und;
    • gut ausgebildete Zuwanderung in den Arbeitsmarkt nutzen und die Missstände im Asylwesen endlich rigoros abstellen.

    Damit sind wir zurück bei Made in Switzerland. Was macht unser Land so erfolgreich? Es ist unser Polit- und Gesellschaftssystem: In der Schweiz hat niemand die Macht – und das macht uns stabil. Macht wird weg von Regierung und Parlament in Bern hin zu Kantonen, Gemeinden, Verbänden und Vereinen und damit hin zum Einzelnen verteilt.

    Die Schweiz hat keine Elite, sondern wir alle sind ab dem Moment Elite, in dem wir irgendwo im Vorstand des Turn- oder Gesangsvereins, als Trainer im Fussballclub oder bei der freiwilligen Feuerwehr Verantwortung und Führung übernehmen.

    Ein Beispiel ist die Palfries-Bahn in Heiligkreuz bei Sargans, die seit Jahren nach dem Aufstieg auf den Gonzen nutze. Sie wird von einem Freiwilligen-Verein betrieben. Wieso ist das wichtig? Die Mitglieder respektieren sich und haben gemeinsame Ziele. Das schafft soziales Kapital und dieses ist der beste Schutz gegen politische Polarisierung, wie sie die USA zerreisst und wo bereits in den 1990er Jahren ein Vereinssterben eingesetzt hatte. Ein breites soziales Netz dank Vereinen ist auch der beste Schutz gegen Fake News, besser als ein Wahrheitsministerium. Denn die Zusammenarbeit und das Zusammensein mit Personen aus ganz unterschiedlichen Bereichen schafft Vertrauen.

    Damit zurück zu den Zuwanderern: Sie müssen sich integrieren, wollen wir soziale Spannungen verhindern und wollen wir weiter unser einmaliges System erhalten. Das verlangt nicht nur das Lernen der im Landesteil gesprochenen Landessprache, sondern auch das Engagement in Vereinen – zusammen mit Einheimischen.

    Damit ist Made in Switzerland auch ein Song über Schweizer Institutionen und Werte, von direkter Demokratie über Föderalismus, Vereinslandschaft bis zum Gemeinsinn. Wir sind erfolgreich, weil alle sich irgendwo fürs Gemeinwesen engagieren. Weil wir nicht nur unsere Steuern zahlen, sondern darüber hinaus irgendwo Verantwortung übernehmen, statt diese an Staat und Beamte zu delegieren. Diese Stärke müssen wir gerade in einer immer komplexeren Welt jeden Tag neu erarbeiten, damit Made in Switzerland auch in 10 Jahren schamlos gesungen werden kann.


    Zur Person:
    Stefan Brupbacher, promovierter Jurist, war Generalsekretär des WBF sowie der FDP Schweiz und sammelte Erfahrungen in verschiedenen Führungspositionen. Seit 2019 ist er Direktor von Swissmem und Vorstandsmitglied von Orgalim, dem europäischen Dachverband der Technologie-Industrien.

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