Unabhängige Kommunikation: Was die Raumfahrt für die Schweiz bedeutet


    Kolumne


    Daten sind das neue Gold – wertvoll werden sie erst durch schnelle und sichere Übertragung. Deshalb sind leistungsfähige Datenverbindungen heute unverzichtbar: im Alltag über das Smartphone, in Fabriken, bei der Verkehrssteuerung oder in der Gebäudetechnik. In Entwicklungsländern beispielsweise erlaubt die Datenübertragung per Satellit einen schnellen Anschluss an Wirtschaft und Gesellschaft – oft ohne teure staatliche Investitionen.

    Bild: zVg

    Im Krieg entscheiden Datenverbindungen über Leben und Tod – wie in der Ukraine, wo Starlink-Dienste das Internet sichern. Die Empörung war gross, als Elon Musk mit der Abschaltung drohte. Noch brisanter: Die US-Regierung nutzte Starlink als politisches Druckmittel. In Ländern wie Kanada, Italien oder Südafrika geraten Verträge nun unter Druck. Das zeigt, wie wichtig verlässliche Systeme in der Raumfahrt geworden sind.

    Geostationäre Satelliten stehen immer über demselben Punkt auf der Erde – ideal für stabile Verbindungen, aber teuer. Heute kommen auch Tausende kleiner Satelliten zum Einsatz, die näher an der Erde kreisen. Systeme wie Starlink nutzen sie für günstige und weltweite Datenübertragung.

    Was hat das mit der Schweiz zu tun? Eine ganze Menge.

    1. Für einen unabhängigen Kleinstaat wie die Schweiz ist es entscheidend, dass andere Länder auf unsere Technologien angewiesen sind. Gegenseitige Abhängigkeiten erhöhen die Kosten von Konflikten und senken deren Wahrscheinlichkeit. Die Covid-Pandemie hat gezeigt: Bereits nach wenigen Wochen war die EU auf Beatmungsgeräte und Medikamente aus der Schweiz angewiesen. Auch militärische Systeme in Europa und den USA nutzen Komponenten aus Schweizer Produktion.
    2. Diese Abhängigkeiten wirken nur, wenn sie glaubwürdig sind. Musks Starlink-Drohung hat das Vertrauen in das System erschüttert – niemand will von einem unberechenbaren Anbieter dauerhaft abhängig sein. Für die Schweiz bedeutet das: Je mehr Staaten und Unternehmen auf unverzichtbare Produkte aus der Schweiz setzen, desto besser.
    3. Entscheidend dafür sind die richtigen Rahmenbedingungen. Der Gesetzgeber sollte Exportbeschränkungen nicht gegenüber jenen Ländern anwenden, von deren Technologien wir ebenfalls abhängig sind. Besonders das Kriegsmaterialgesetz gehört überarbeitet – sonst droht eine einseitige Abhängigkeit. Eine pragmatisch verstandene Neutralität schafft hier Spielraum.
    4. Die Schweiz muss sich besser absichern – beispielsweise mit mehrfach abgesicherten Kommunikationssystemen.

    Starke Firmen als strategische Pfeiler
    Unter den Swissmem Mitgliedsfirmen finden sich viele global führende Unternehmen – auch im Sicherheits- und Raumfahrtbereich. Ein Beispiel ist Swissto12 aus Lausanne: In Zusammenarbeit mit internationalen Partnern hat das Unternehmen leichtere, kleinere und kostengünstigere geostationäre Satelliten entwickelt. Möglich wird dies durch additive Fertigung – also den 3D-Druck komplexer Metallteile –, die mit klassischen Verfahren kaum herstellbar wären.

    Nun geht Swissto12 den nächsten Schritt: eigene Telekommunikationssatelliten. Damit verfügt die Schweiz erstmals über einen vollständigen Systemhersteller in diesem Bereich. Bereits zwei dieser Satelliten, kombiniert mit Bodeninfrastruktur, könnten die Kommunikation in wichtigen Bereichen flächendeckend absichern – selbst in abgelegenen Regionen.

    Ein weiteres Beispiel ist WISeKey, ebenfalls Swissmem Mitglied. Das Unternehmen fokussiert sich auf Cybersicherheit und verschlüsselte Kommunikation – Technologien, die sich künftig auch in Satellitenplattformen integrieren lassen. Solche Chancen gilt es gezielt zu nutzen. Voraussetzung dafür ist auch eine eigene, geschützte Bodeninfrastruktur in der Schweiz.

    Widerstandskraft schaffen – Standort sichern
    Erfolgsbeispiele wie Pilatus oder Stadler Rail (beide Swissmem Mitglied) zeigen: Wer sich im anspruchsvollen Schweizer Markt bewährt, ist auch international wettbewerbsfähig. Mit einer klugen Strategie – etwa beim gezielten Ausbau des Rüstungsbudgets oder der Verbindung von ziviler und militärischer Forschung – lassen sich zukunftsweisende Technologien gezielt fördern. Nutzen wir die Kompetenzen der Schweizer Industrie und unsere engen Beziehungen zu Europa, um die Schweiz und den Kontinent sicherer und erfolgreicher zu machen. Das stärkt nicht nur die technologische Souveränität, sondern schafft auch stabile Rahmenbedingungen, damit unsere Unternehmen auch morgen noch hier investieren, forschen und Arbeitsplätze schaffen.


    Zur Person:
    Stefan Brupbacher, promovierter Jurist, war Generalsekretär des WBF sowie der FDP Schweiz und sammelte Erfahrungen in verschiedenen Führungspositionen. Seit 2019 ist er Direktor von Swissmem und Vorstandsmitglied von Orgalim, dem europäischen Dachverband der Technologie-Industrien.

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